Die Unsicherheiten in Bezug auf die sich weiter zuspitzende Corona-Krise und deren mögliche Auswirkungen für Konjunktur und Unternehmensgewinne versetzen die Aktienmärkte derzeit in eine regelrechte Panik. Gerade in einem solchen emotional aufgeladenen Umfeld ist es für den langfristigen Anlageerfolg entscheidend, nicht überhastet zu verkaufen. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit lässt sich das nachfolgende Verhaltensmuster vieler Anleger in bestimmten Börsenphasen anschaulich ableiten.
Strategische Investoren beherrschen ihre Emotionen
In schwierigen Marktphasen, die langfristig betrachtet aber temporärer Natur sind, müssen Schwankungen – auch wenn es mitunter schwerfällt – ausgehalten werden, um den langfristigen Anlageerfolg zu sichern. Lassen Sie sich deshalb auch durch eine überzogen negative Berichterstattung – wie sie aktuell auch oft im Falle des Coronavirus zu beobachten ist – hierin nicht beirren.
Investiert zu bleiben, ist manchmal anstrengend, aber es lohnt sich auf Dauer
Die negativen Auswirkungen von emotionalen Entscheidungen zeigen sich meist recht schnell. Die moderne Finanzmarktforschung belegt immer wieder aufs Neue, dass Timing-Versuche (also die Wahl von vermeintlich richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkten für eine Investition) zum Scheitern verurteilt sind. Weil das exakte zeitliche Eintreten von Renditen schlichtweg nicht vorhersehbar ist, ist jeder Tag ohne Investition ein Risiko, hinter der Rendite des Gesamtmarktes zurückzubleiben. Die nachfolgende Grafik zeigt dies exemplarisch anhand der Entwicklung des Weltaktienindex MSCI World seit 1988.
Quintessenz: Schon wenige verpasste Tage reichen aus, um den langfristigen Anlageerfolg deutlich zu schmälern. Kurzfristige Unsicherheiten „aushalten“ zu können, verwandelt sich somit in ein langfristiges Mehr an Rendite.
Durchhalten – letztlich die klügere (und renditeträchtigere) Entscheidung
Viele Anleger sehnen sich aber in der Regel nicht danach, gute (Börsen-)Tage nicht zu verpassen, sondern ihr Wunschszenario lautet wie folgt: Bei Turbulenzen (im Idealfall kurz vorher) aus dem Aktienmarkt auszusteigen, das Vermögen vorerst in Sicherheit zu bringen, um dann – „wenn es wieder aufwärts geht“ – rechtzeitig wieder einzusteigen. So verführerisch diese (theoretische) Vorgehensweise auch klingen mag, so ist sie doch eine große Illusion!
Die Praxis zeigt nämlich folgendes: Wenn Sie in „Stressphasen“ aus dem Börsenzug aussteigen, finden Sie in der Regel den Wiedereinstieg immer erst dann, wenn sich die Börse bereits wieder kräftig erholt hat (und die bereits erwähnten besten Tage verpasst worden sind). Dann ist es aber bereits zu spät und entscheidende Renditepunkte gehen folglich verloren. Wie ungünstig dieses (Timing-)Verhalten sich historisch auf die Wertentwicklungen ausgewirkt hätte, können wir mit Hilfe weiterer Beispielsrechnungen belegen.
Unser „Renditekompass“ zeigt uns, dass an den weltweiten Aktienmärkten der Industrieländer (gemessen am MSCI-Weltindex) seit 1972 bis 2019 nur in sieben (von insgesamt 48) Jahren die jeweiligen Jahresverluste größer als 9 % waren.
Für die auf die jeweiligen Verlustjahre folgenden Jahre (sprich: Verlustjahr + die fünf Folgejahre) haben wir nun die durchschnittliche Wertentwicklung p. a. für zwei Verhaltensmuster errechnet:
- Durchhalten: Der Anleger blieb auch nach den Verlusten durchgehend investiert, also die gesamten sechs Jahre.
- Aussteigen und Wiedereinstieg nach beispielsweise zwei Jahren: Der Anleger verkaufte nach dem Verlustjahr und stieg nach zwei Jahren wieder ein (d. h. er verpasste die beiden dem Verlustjahr folgenden Jahre).
Wie die Tabelle zeigt, hätte es sich bei den sieben betrachteten Sechs-Jahres-Perioden nur in einer einzigen wirklich nennenswert gelohnt, nach dem Verlustjahr komplett auszusteigen. In fünf Perioden war es dagegen eine deutlich bessere Strategie, durchzuhalten und in einer Periode war es relativ unerheblich. Im Durchschnitt aller Sechs-Jahres-Perioden beträgt der Vorteil des Durchhaltens 2,45 % p. a. Das entspricht auf die sechs Jahre hochgerechnet etwa einer Mehrrendite von knapp 15 %! Dies belegt einmal mehr, dass emotionale (und vorschnelle) Anlageentscheidungen die größten Feinde Ihres Vermögenszuwachses sind.
Mit der richtigen Anlagestrategie (sprich: Höhe des Aktienanteils), die zu Ihrem individuellen Anlagehorizont und Ihrer Risikoneigung passt, können kurzfristige (Buch-)Verluste guten Gewissens „ausgesessen“ werden. Auf längere Sicht hat sich Geduld und Ausdauer bei der Geldanlage stets ausgezahlt – daran ändert auch Corona nichts!