„In der Schweiz gibt es einen starken Trend zur Honorarberatung auch bei den Großbanken“, sagt Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Honorarberater. „Immer mehr wohlhabende Kunden haben jetzt auch in der Anlageberatung etwa bei UBS und Credit Suisse Zugang zu Produkten, die keine Bestandsprovision mehr beinhalten.“ In der Vermögensverwaltung waren Bestandsprovisionen ohnehin durch ein Urteil des obersten Gerichts zum Auslaufmodell geworden. Dies hat dafür gesorgt, dass die Finanzinstitute ihre Vergütungsmodelle vermehrt auf Honorare in Form fester Gebühren umstellten.
„Jetzt aber zu erwarten, dass diese Beispiele einfach Schule machen und der Gesetzgeber nicht mehr aktiv werden muss, wäre der falsche Weg“, so Schmidt. Zum einen sei das Beharrungsvermögen der Vertriebe sehr stark, zum anderen müsse das Modell einer von Provisionen unabhängigen Beratung auch für die breite Masse der Bevölkerung zugänglich sein. „Es hat sich über die vergangenen Jahre gezeigt, dass die Macht der Provisionsvertriebe enorm groß ist. Alle freiwilligen Verpflichtungen zu mehr Transparenz oder mehr Kundenorientierung sind im Sande verlaufen“, sagt Schmidt. „Die Erkenntnis sowohl in den Niederlanden wie in Großbritannien war, dass sämtliche Transparenzvorschriften und Selbstverpflichtungen der letzten zehn Jahre nicht zu mehr Verbraucherfreundlichkeit im Finanzdienstleistungsmarkt geführt haben“, sagt Schmidt. Deshalb wurde dort der Systemwechsel durch die Regulierung eingeleitet, seit 2013 sind Provisionen weitgehend verschwunden.
In Großbritannien hat das Verbot von Provisionen in der Finanzberatung zu einer Professionalisierung des Beratungsmarktes geführt. Das zeigt eine Studie im Auftrag der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA (Financial Conduct Authority). Gleichwohl gebe es weiterhin Optimierungsbedarf auf dem Weg zu einer unabhängigen, verbraucherorientierten Beratung. „Das betrifft zum einen den Zugang zu Beratung, zum anderen aber auch deren Qualität“, ergänzt Dieter Rauch, stellvertretender Vorsitzender des BVDH. Denn nicht jeder Honorarberater sei gleich gut qualifiziert. „Anders als bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern gibt es keine geregelten Studien- bzw. Berufsbildungswege. Deshalb ist es wichtig, in die Aus- und Weiterbildung zu investieren. Ganz grundsätzlich wird aber die Beratung durch einen unabhängigen Berater immer vom Interesse des Kunden geleitet sein und nicht vom Provisionsinteresse des Vertrieblers“, sagt Rauch. Dies liege ganz einfach daran, dass der Berater direkt vom Kunden vergütet wird. In der Schweiz kommt dieses Modell offensichtlich gut an. Medienberichten zufolge nutzen bereits zehntausende von Kunden das neue Angebot der Banken.
Der Zugang zu Beratungsleistungen wird dabei immer einfacher und kostengünstiger. „Bislang werden Kunden von ihren Bankberatern doch oft bei sogenannten Jahresgesprächen abgefischt und mit mehr oder weniger passenden, oft teuren Produkten versorgt“, sagt Schmidt. „Die jungen Fintech-Unternehmen, die gerade den etablierten Bankenmarkt aufschrecken, ändern das rasant.“ Hier bestehe eine echte Transparenz, da alle Anbieter im Netz ihre Leistungen sichtbar machten. „Zudem sind die Einstiegshürden minimal. Ich bin sicher, dass Fintechs einen bedeutenden Beitrag für eine bessere Beratung der Bevölkerung in Finanzdingen leisten werden.“
Über den Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH):
Der BVDH wurde im Oktober 2010 von der quirin bank und der VDH GmbH Verbund Deutscher Honorarberater gegründet. Er vertritt die Interessen der Honoraranlageberater und der Honorarfinanzanlageberater (nach Honoraranlageberatungsgesetz vom August 2014) in Deutschland, die insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an verwalteten Kundengeldern betreuen. Ziel des Berufsverbands ist es, die Honorarberatung als neutrale Dienstleistung im Finanzsektor zu fördern und zu etablieren. Zur Honorarberatung gehören hohe Qualitäts- und Transparenzstandards. Honorarberater des Berufsverbands stehen zu diesen Prinzipien und zum Verbraucherschutz, indem sie den Kodex der Honorarberatung verbindlich anerkennen und sich durch unabhängige Prüfer kontrollieren lassen.
„Egal, wo man hinsieht, die Ergebnisse sind nicht nur ernüchternd, sie sind erschütternd. Einmal mehr wird deutlich, dass die Versprechungen der Fondsbranche in Sachen aktives Management das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. Die Frage ist nur, wann sich diese Erkenntnis bei den Anlegern auf breiter Front durchsetzt“, resümiert May.